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Auch in Geisenheim gab es ein Konzentrationslager!
Am 27. Januar 1945 wurde das deutsche Konzentrationslager Auschwitz, welches sich in Polen befindet (heute Gedenkstätte), von der Sowjet-Armee befreit.
In Geisenheim gab es im letzten Kriegsjahr, im letzten Jahr der nationalsozialistischen Herrschaft, die Außenstelle des Konzentrationslagers Natzweiler, in dem 200 jüdische Frauen aus Ungarn und Polen Zwangsarbeit leisten mussten. Sie stellten in der Maschinenfabrik Johannisberg Teile von Granaten her, die sie in den letzten Kriegsmonaten für die deutsche Wehrmacht und den sogenannten Volkssturm produzierten. Als die Alliierten von der linken Rheinseite her näher an Geisenheim kamen, wurden die 200 internierten Frauen auf einen Todesmarsch nach Süddeutschland geschickt, auf dem viele ihr Leben verloren.
Eine Überlebende, Zelma Klein, hat vom Lager Geisenheim und dem anschließenden Todesmarsch genau berichtet. Zelma wurde nach der Eroberung Ungarns durch die deutsche Wehrmacht ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Bei der Ankunft des Güterzuges an der Rampe wurde sie vom SS-Arzt Dr. Mengele als „arbeitsfähig“ deklariert. Ihre beiden Kinder, die mit ihr in Auschwitz ankamen, sah sie ab diesem Zeitpunkt nie wieder. Zelma Klein kam ins Frauenlager des Konzentrationslagers Auschwitz II - Birkenau.
Im September 1944 wurde sie mit anderen Frauen selektiert und nach Bergen-Belsen in Norddeutschland deportiert. Am 13. Dezember 1944 wurden davon zweihundert Frauen in zwei Viehwaggons verfrachtet, vorläufige Endstation Geisenheim.
Die Frauen wurden auf sechs Holzbaracken eines Fabrikgeländes verteilt und in gestreifte Häftlingskleidung gesteckt. Ihre Bewacher waren Männer aus der Wehrmacht, die aber bald durch SS-Soldaten ersetzt wurden. Ab Mitte Januar 1945 war nun auch Zelma Klein in der Maschinenfabrik Johannisberg mit ihren zwei Hallen, die damals ein Teil des Krupp-Konzerns war, zur Zwangsarbeit verpflichtet. Ein Vorarbeiter teilte sie für eine Arbeit an einer Bohr-Maschine ein. Tag- und Nachtschicht wechselten sich jede Woche ab: Zwölf Stunden – ohne einen Bissen, ohne einen Schluck Wasser. Zelma Klein berichtet aber auch, dass einige Geisenheimer*innen, die mit den Zwangsarbeiterinnen Seite an Seite in der Fabrik arbeiteten, diesen Essen zusteckten, weil sie mitfühlend waren und den Zwangsarbeiterinnen helfen wollten. Der Rheingauer Historiker Walter Hell hat betont, dass die Überlebensbedingungen für diese Frauen in Geisenheim zwar sehr schlimm, aber besser als anderswo waren, dank der mitfühlenden Hilfe einiger Geisenheimer*innen.
Die Angriffe der Alliierten nahmen in dieser Zeit zu. Während der Luftangriffe mussten die Häftlingsfrauen ohne Schutz an ihren Maschinen stehen bleiben. Am 15. März 1945 erfolgte ein heftiger Luftangriff, den einige Frauen nicht überlebten, diese wurden zunächst in Geisenheim, später auf dem jüdischen Friedhof in Rüdesheim begraben.
Da die Front sich näherte, flohen die SS-Männer am 18. März und nahmen die Frauen mit in Richtung Süddeutschland auf einen Todesmarsch. Nur wenige der Frauen überlebten, darunter Zelma Klein. Am 12. April 1945 kam sie mit den wenigen Überlebenden völlig entkräftet in München-Allach an. Sie wurden immer noch von älteren SS-Männern bewacht, bekamen aber kaum mehr Nahrung.
Am 29. April 1945 wurden die Frauen von den SS-Bewachern an das Rote Kreuz übergeben, jetzt bekamen alle ein Lebensmittelpaket. Am darauffolgenden Tag ergab sich die SS den amerikanischen Soldaten. Die überlebenden Frauen und Zelma Klein waren befreit. Aber Zelma konnte ihre Freiheit nicht richtig begreifen, denn ihre Kinder, ihre Mutter, ihre Schwestern, die ganze Familie, alle außer ihr waren tot.
Verfasser: Gregor Weigand, Januar 2021 nach dem Text: Zelma Klein – Mein Zeugnis als Warnung, o. O., o. Jg.
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